„Du kannst mit deiner Liebe und mit deinem Wunsch zu helfen, helfen. Und das ist doch toll!“
Benjamin Holm, 42, Referent des Vorstandes.
Seine Arbeit, seine Motivation, seine Botschaft.
Benjamin, schön, dass du dir für unser Interview Zeit freischaufeln konntest! Du bist ja doch sehr eingespannt als Vater zweier Kinder und als hauptberuflicher Mitarbeiter in einer Stiftung. Dazu bist du auch noch Referent des Vorstandes bei Hamburger mit Herz. Wie und wann bist du zu dem Verein gekommen?
Das war im Jahr 2015. Gorden sagte, er bräuchte Unterstützung, weil der Verein sich auf den Weg gemacht hatte, von einem reinen Spendenverein, der für soziale Projekte Geld sammelt, weg zu kommen.
Als die Geflüchteten dann 2015 nach Deutschland kamen, fing der Verein an, sich mit der Frage zu beschäftigen, wie man diese integrieren kann. Dieser Prozess hatte gerade angefangen, als ich dazu kam.
Was kamen denn dann für Aufgaben auf dich zu? Das Ganze war ja zumindest für den Verein ein neues Terrain.
Genau, für den Verein war das ein neuer und wichtiger Schritt. Meine Arbeit und meine Kompetenz war und ist, grob gesagt, das Organisieren und das im Hintergrund Agieren. Ich stelle Projekte auf die Beine und überlege, welche Ressourcen man braucht, wie man das Projekt gut organisiert, so dass es für den Geldgeber*innen, etwa eine Behörde, interessant ist. Es ging ab meinem Einstieg darum, wie wir jetzt selbst Gelder, also staatliche Gelder, annehmen können, um Integrations-Projekte zu fördern und es ging auch um die Frage, wie wir ein Verein werden können, der selbst Projekte macht. Meine Aufgabe war es dann unter anderem, Anträge bei der Stadt zu schreiben und einzureichen, um Fördergelder zu generieren. Ich mache das aber nicht alles selber. Es gibt auch Teams im Verein, die das auch machen. Und diese Teams berate ich zum Beispiel auch dahingehend, wie sie selber an Gelder kommen.
Sind die Gelder, die ihr bekommt, frei von euch einsetzbar oder gibt es da Richtlinien, was damit getan werden muss oder darf?
Das kommt darauf an. Das eine sind die Spender*innen und die Leute, die den Verein so privat unterstützen. Das Geld von ihnen ist meist relativ flexibel einsetzbar und das ist ja auch in der Satzung festgelegt. Wenn also der/die Spender*in keine speziellen Wünsche hat, wofür das Geld verwendet werden soll, kann es von uns frei gebraucht werden – so lange es satzungsmäßig verankert ist. Wichtig ist: So ein Verein ist eben nicht nur Ehrenamt. Wenn man 100 Ehrenamtliche anleiten will, braucht man jemanden, der die Arbeit dann auch bezahlt macht und die Ehrenämtler koordiniert, sich um Räumlichkeiten kümmert, dafür sorgt, dass zum Beispiel die Homepage immer auf dem neusten Stand ist usw. Da bin ich ein großer Freund von, dass sowas dann auch bezahlt wird. Damit das Ehrenamt an sich professionell arbeiten kann.
Was war dann das erste Projekt, was ihr in Sachen Integration auf den Weg gebracht habt?
Wir haben mit dem Mentoringprojekt angefangen – das größtes Projekt im Verein neben den Afrika-Projekten.
Es war absehbar, dass die vielen Geflüchteten in Hamburg Unterstützung brauchen. Zum Beispiel beim Ausfüllen von Anträgen von Behörden oder von Krankenkassen. Die Flüchtlinge bekommen Post und wissen natürlich gar nicht, was genau da von ihnen verlangt wird. Und da war dann der Wunsch von einigen Leuten, die ehrenamtlich eingestiegen sind, dass es ein Unterstützungsnetzwerk geben soll. Dafür braucht man auch kein Fachwissen und kein großes Expertentum.
Dazu braucht man wohl mindestens einfach Lust am sozialen Miteinander?
Genau. Und einen gesunden Menschenverstand und ein bisschen Verwaltungserfahrung. Ich weiß nicht, wann man als Deutsche*r das erste amtliche Formular ausfüllen muss, wahrscheinlich wenn man zur Schule geht. Aber wenn man damit aufgewachsen ist, also mit Kommunikation mit Ämtern usw., dann kann man einem Geflüchteten helfen, der zum ersten Mal so einen Brief im Briefkasten hat. Die Idee von den Mentor*innen ist, dass sie sagen: „Hey ich finde es wichtig, dass ich die Leute, die hier ankommen, unterstützen kann.“
Und für dieses Projekt ist es eben wichtig, dass wir da auch Hauptamtliche haben, die die Leute koordinieren und die Ehrenamtlichen wissen, wo sie andocken können. Und dazu braucht es eben auch ein bisschen Geld.
Wie schwer oder leicht ist es denn, Menschen zum Spenden zu bewegen? Besonders jetzt in der Weihnachtszeit?
Grundsätzlich ist es zur Weihnachtszeit einfacher, Spenden zu bekommen. Die Menschen sind da spendenfreudiger. Es ist aber für viele nicht immer so einfach zu verstehen, wozu ein Verein Geld braucht. Also, um etwa den Steuerberater oder das Büro zu bezahlen. Die Leute wollen zwar helfen, aber am liebsten direkt.
Es ist für viele einfacher, zu wissen, sie spenden jetzt zum Beispiel für Schulkleidung in Äthiopien. Wir haben, glaube ich, beim letzten Mal 20 Minuten gebraucht, um tausend Euro für die Kleidung zu sammeln. Das ist kein Problem und ganz toll!
Hast du einen Tipp, wie man auch Spendenmuffel zum Spenden motivieren kann?
Ich glaube, man kann die Menschen mal ganz gut daran erinnern, dass Ehrenamt eine tolle Sache ist, wenn sie sich mal wieder beschweren, dass etwas verboten ist. Also, dass jetzt in der Coronazeit die Kneipen zu haben und so weiter. Ich denke dann: „Ja, das stimmt, ich vermisse das auch. Es ist eine Zeit der Entbehrungen aber: Nutzt diese Zeit doch! Nutzt doch auch das Geld, dass ihr jetzt in dieser Pandemie-Zeit vielleicht gespart habt für Spenden. Nutzt doch mal die Pandemie-Zeit, um zu überlegen, ob das Ehrenamt nicht was wäre für Euch und macht mit uns die Welt ein bisschen besser!“
Apropos „Coronazeit“: Inwieweit hat die Pandemie eure Arbeit beeinflusst?
Die Arbeit ist schwieriger geworden. Wir haben zwar zum Beispiel den Sprachkurs, den wir anbieten, noch im Sommer weitergeführt, unter Einhaltung der Hygienebedingungen natürlich. Aber gerade die älteren Ehrenamtlichen haben natürlich Angst vor dem Virus und vor der Ansteckung. Und für die ist auch das Thema „online“ oder online zu arbeiten nicht so einfach. Und auch bei den Mentor*innen und Mentees ist das Zusammenkommen nicht so leicht. Nicht für alle ist es machbar, sich dann online zu treffen und sich auszutauschen und Mentor*in zu sein. Da hat die Pandemie schon Auswirkungen gezeigt.
Hat sich die Pandemie auch auf eure Arbeit im Ausland ausgewirkt?
Der Lockdown ist ein echtes Kommunikations-Desaster gewesen! Zu erklären, was jetzt alles verboten oder noch erlaubt ist. Das ist für die Arbeit, die wir hier in Deutschland machen, schon schwierig. Und für unsere Partner in Äthiopien und Kenia ist es auch nicht leicht. Wir haben natürlich in der Zeit nicht versucht, dorthin zu fahren, damit wir nichts ins Land einschleppen. Das macht den Kontakt aber auch schwieriger. Man kann sich nicht treffen, sich nicht gegenüberstehen und muss vieles, sofern das überhaupt möglich ist, online machen. Sowohl im Ausland als auch hier bei uns.
Werfen wir mal einen Blick in die Zukunft: Gibt es da Visionen, was der Verein noch tun kann oder wie man sein Potenzial noch nutzen kann?
Mein Ziel wäre es, dass man gemeinsam mit den Menschen aus Kenia und Äthiopien darüber spricht, wie eine gemeinsame Zukunft aussehen kann. Wie Hilfe nachhaltig funktionieren kann. Das Fluchtthema verbindet uns ja. Die Menschen kommen hier her, weil sie in ihrem Land nicht mehr wohnen können. Aber jeder wünscht sich ja ein Zuhause in dem er leben kann. Und wenn wir es schaffen können, dass die Menschen in Äthiopien dort gerne leben, dann kann man in Verbindung bleiben, ohne dass die Menschen ihr Land verlassen und sich hier etwas Neues suchen müssen. Wie das genau aussehen kann, müssen wir uns überlegen und dann gemeinsam Lösungen finden. Man sollte schon offen darüber sprechen können, welche Probleme Integration haben kann und das man, wenn man das frühzeitig tut – und das macht HHmH ja mit seinen Kontakten nach Äthiopien und nach Kenia ja – dann auch gemeinsam Lösungen finden kann. Das wäre aus meiner Sicht das Hauptpotenzial des Vereins.
Noch eine Botschaft für die Leser?
Ja! In diesem Jahr sammeln wir zum Beispiel für unser Mentoringprojekt, weil wir da auch einfach das Problem haben, dass wir die Finanzierung nicht langfristig gesichert haben, weil die Gelder der Stadt nicht ausreichen.
Ich kann nur aufrufen: Spenden hilft und Spenden macht Spaß!