Hallo, mein Name ist Yevenhii (Zotov), aber hier in Deutschland nenne ich mich Eugen. Ich bin hier schon einen Monat lang. Am B2-Deutschkurs des Projekts „Lernforum Altona“ nehme ich seit einigen Wochen teil, und freue mich sehr darüber, dass ich solch eine tolle Möglichkeit habe. Meine bisherigen Deutschkenntnisse habe ich autodidaktisch erworben.
Aber meine Geschichte fängt in Charkiw, meiner Heimatstadt in der Ukraine, an. Ich habe dort ein friedliches Leben gelebt und Pläne für dieses Jahr gemacht, für mein Studium und meine Arbeit, wie das jeder gewöhnlicher Mensch tut.
Seit Anfang des Jahres fühlten wir alle in der Ukraine diese Aufregung, die Ahnung von etwas Schrecklichem, das über unserem Land hing. Bis zum letzten Tag hatten wir die Hoffnung, dass wir der Bedrohung entgehen werden, dass es kein Krieg geben wird.
Aber zwei Tage vor dem Kriegsbeginn verstand ich, dass es zu gefährlich ist, zu Hause zu bleiben. Und ich traf die schwierige Entscheidung, mein Land zu lassen. Ich versuchte noch, meine Familie zu überzeugen, dass die Gefahr schon zu groß ist, um dazubleiben, aber sie glaubten mir nicht. So war ich gezwungen, allein zu fahren – mit der Hoffnung, dass meine Furcht immer noch unbegründet ist und dass sie sogar noch die Zeit haben, sich in Sicherheit zu bringen.
Doch der Krieg kam: Die russische Armee fiel in die Ukraine ein. Meine Mutter schrieb mir am 24. Februar um 4 Uhr: „Sie bombardieren Charkiw.“ In diesem Moment brach in meinem Inneren alles zusammen. Ich konnte mir das so gar nicht vorstellen: Sie bombardieren mein Charkiw, bombardieren die ganze Ukraine!
Das nachfolgende Geschehen ist allen bekannt: Russische Truppen machen ganze ukrainische Städte dem Erdboden gleich, plündern unsere Häuser und Geschäfte, vergewaltigen Frauen und Mädchen, foltern und ermorden die Zivilisten. Das ganze Entsetzen kann vollends nicht dargestellt werden. Kein Verbrechen wird vergessen, keine Bluttat wird vergeben.
Aber jetzt bin ich in Deutschland, ich wurde sehr herzlich aufgenommen und mir wurde rundum geholfen, als ich es so sehr brauchte und völlig hilflos war. Die Bereitschaft, den von der Katastrophe betroffenen Menschen zu helfen, ist ein fester Bestandteil der europäischen Kultur, die die Deutschen teilen und für die ich so dankbar bin. Jetzt besuche ich den B2-Sprachkurs, um ein vollwertiges Mitglied der deutschen Gesellschaft zu werden, und hoffe, Deutschland in Zukunft für seine Hilfe in vollem Umfang danken zu können.
Mein besonderer Dank gilt Christoph Meyring für seine Hilfe beim Deutschlernen und Hakim für seine Unterstützung.