Im Rahmen der Jobperspektive haben wir ein Interview mit Tawab geführt. 2021 ist Tawab gemeinsam mit seiner Familie aus Afghanistan nach Hamburg geflohen. Er unterstützt den Verein ehrenamtlich und bringt Erfahrung aus zehn Jahren NGO-Arbeit in Afghanistan ein. Im Juli hat Tawab die Leitung eines Job-Workshops für Geflüchtete übernommen. Jetzt geht der sogenannte „Talentkompass“ in eine zweite Runde. Die Teilnahme ist kostenlos und die Anmeldung erfolgt unter jobintegration@hamburger-mit-herz.de oder per WhatsApp bei Carsten (0179 2054101) oder Detlef (01525 6487688). Start ist der 6.11. Tawab schildert seine Erfahrungen als geflüchtete Person bei der Jobsuche in Hamburg.
Mit welchen Problemen wurdest du bei der Jobsuche bereits konfrontiert?
Mit der Sprachbarriere, die meisten Geflüchteten haben eine Sprachbarriere. Ich habe in Afghanistan, bis ich 18 war alles auf Persisch gelernt, danach alles auf Englisch und jetzt in Deutschland muss ich alles auf Deutsch machen. Sprache ist also eine große Barriere.
Das nächste Problem ist die Anerkennung von Abschlüssen, Zertifikaten, das ist eine Herausforderung.
Das nächste Problem ist, manchmal auch eine Chance, manchmal eine Herausforderung, der große Arbeitsmarkt in Deutschland. Ich habe in Afghanistan im Marketing, in der Buchhaltung und im sozialen Bereich gearbeitet. In Deutschland hat jeder Bereich einen eigenen Markt.
Welche Berufserfahrung hast du bisher gesammelt?
Meine Berufserfahrung… ich habe im Bereich Naturwissenschaften und Economics in Afghanistan studiert. 2013 bei einer deutschen NGO angefangen, bei dieser NGO habe ich bereits 6 Jahre gearbeitet. Und dann habe ich bei einer dänischen NGO namens Danish Refugee Coucil für ungefähr 3 Jahre gearbeitet, als Projektmanager und Teamleiter.
Hast du vor in Deutschland im gleichen Bereich zu arbeiten?
Bisher habe ich meine deutsche Sprache verbessert, dann fünf bis sechs Monate ehrenamtlich bei Hamburger mit Herz gearbeitet. Es ist eine schwierige Entscheidung, die ich für mich treffen muss, aber auf jeden Fall möchte ich im Bereich NGO oder Soziales tätig sein, weil ich bereits Erfahrungen in dem Bereich gesammelt habe. Aber auch in Richtung Informatik oder Data kann ich mir etwas vorstellen.
Welche Anforderungen stellt der deutsche Arbeitsmarkt?
Ja, wie gesagt, die erste Anforderung oder Herausforderung ist, dass der Arbeitsmarkt sehr dynamisch ist. In Afghanistan kann man lange in einem Bereich arbeiten. In Deutschland gibt es viele und verschiedene Veränderungen, z.B. durch KI oder Data Engineering. Der Arbeitsmarkt ist manchmal ein bisschen unsicher.
Unternehmen und NGOs brauchen Leute, die mehrere Sprachen sprechen können, außerdem sehr gut ausgebildet sind. Oder wertvolle Erfahrungen in anderen Ländern haben.
Welche Chancen siehst du?
Der dynamische Arbeitsmarkt in Deutschland, man kann in verschiedenen Bereichen arbeiten. Es gibt gute Unterstützung vom Staat oder Jobcenter und Umschulungen und Weiterbildungen können besucht werden. Und auch im sozialen Bereich kann man ehrenamtlich oder im Praktikum, auch im Unternehmen, tätig sein.
Welche Rolle spielt Flexibilität bei der Jobsuche?
Ich habe in Afghanistan 10 Jahre lang im sozialen Bereich gearbeitet, aber in Deutschland habe ich die Chance auf eine Weiterbildung im Bereich Informatik und Data. Flexibilität spielt meiner Erfahrung nach eine große Rolle. Man kann nicht immer in dem Bereich arbeiten, oder muss es auch nicht, in dem man in der Heimat gearbeitet hat.
Du hast bereits einen Job-Workshop geleitet – welche Erkenntnisse hattest du?
Das ist ein schwieriges Thema für Geflüchtete, wegen der Sprachbarriere, der Anerkennung von Dokumenten, eigenen Herausforderungen mit dem Amt für Migration. Das Problem ist, dass Geflüchtete verschiedene Backgrounds haben und sie keine Infos über den deutsche Jobmarkt erhalten und welche Möglichkeiten es hier gibt. Einige haben Angst mit Leuten zu sprechen, die bereits lange hier leben, dadurch auch wenig Selbstbewusstsein, kaum Kontaktaufnahme.
Was ist deine Motivation dich ehrenamtlich bei Hamburger* mit Herz zu engagieren?
Das erste Ziel für mich selbst ist zunächst selbst weiterzuhelfen. Ich habe bereits selbst 10 Jahre in Afghanistan, in Voll- und Teilzeit gearbeitet, ich hatte eine eigene NGO und ein eigenes Unternehmen. Nachdem ich nach Deutschland gekommen bin, habe ich gedacht, dass ich nutz- und hilflos bin. Ich konnte nicht meine eigene Sache durchführen. Dann dachte ich, es wäre gut, wenn ich bei einer NGO tätig werde – in einem Bereich, in dem ich in Afghanistan tätig war.
Wie kann man in Hamburg einen Job finden?
Für Geflüchtete ist es schwierig über Jobportale, LinkedIn oder XING einen Job zu suchen. Es gibt viele Herausforderungen, wie die Sprachbarriere, nicht die passenden Anforderungen, kein Netzwerk in Deutschland. Aber der einfachste Weg eine Stelle zu finden, ist in der Nähe von der Unterkunft oder Wohnung nach sozialen NGOs oder im Internet nach Praktika zu suchen. Und es fünf Mal, zehn Mal zu versuchen und dann bin ich mir sicher, dann kann man eine gute Stelle finden. Ehrenamtliche sind super für Geflüchtete, sie können mit den Leuten Kontakt aufnehmen, ein Netzwerk aufbauen und ihre Sprache verbessern.
Was möchtest du den Teilnehmenden auf den Weg geben?
Es ist ein Problem für Geflüchtete, dass sie wenig Selbstbewusstsein haben und nicht unbedingt an sich glauben. Wir möchten den Leuten bei Begrifflichkeiten helfen, dass sie an sich glauben und einfacher Kontakt aufnehmen können.