Im August und September 2014 hat Julia Ninic (39) in einem äthiopischen Waisenhaus gearbeitet, um den Kindern vor Ort zu helfen. Die Lüneburgerin hatte zuvor schon einige afrikanische Länder bereist und sich für dieses soziale Projekt entschieden, um die Menschen im Land ganz gezielt zu unterstützen.
„Der Wecker klingelt um 7:30 Uhr, gegen 8 Uhr gibt es Frühstück: Weißbrot mit Marmelade. Im Anschluss fahre ich mit dem Minibus von Kazanchis über Arat Kilo zur Station Kabena. Von dort aus sind es nur noch wenige Meter zum Waisenhaus –die ich leider fast immer im Regen zurücklegen muss. Wenn ich im Waisenhaus ankomme begrüße ich als erstes die Kinder. Das ist jedes Mal so niedlich, denn sie Kinder sind einfach überall und die 4 bis 8-Jährigen rufen erst: „Schoooooool?!?! Jawoll!“ und rennen dann los ins Klassenzimmer. Um 9 Uhr geht’s in etwa los: Wir lernen Zahlen und Buchstaben, einige können auch schon englische Worte schreiben. In der Pause wird manchmal gesungen oder draußen ein Zahlenspiel gespielt. Dann gehen wir zu den Babys und spielen draußen mit ihnen – wenn es nicht gerade regnet. Die anderen spielen Fußball.
Neben all der Lernerei wird aber auch viel gekuschelt und gealbert! Hier leben Mädchen und Jungs, manche sind noch Babys, andere bereits 18 Jahre alt, alle zusammen in einem Haus. Es gibt Mamas, die kochen, waschen und auf die Kinder aufpassen. Sie arbeiten in 24 Stunden-Schichten und wechseln sich ab. Neben den Mamas verantworten zwei Schwestern das Haus. Die Schwestern bringen auch manchmal neue Kinder mit hierher, sie sind wirklich zuckersüß. Auch wenn sie manchmal sehr hektisch sind, freue ich mich jeden Tag auf die kleinen Racker! Am späten Nachmittag fahre ich wieder zu meiner Gastfamilie – sie ist zauberhaft! – und esse gegen 20 Uhr mit ihnen zu Abend. Ich spreche viel mit ihnen, das ist jedes Mal toll. Außerdem lese ich viel und versuche, früh schlafen zu gehen, um wieder fit zu sein für den nächsten Tag mit meinen Kleinen. Das ist gar nicht so leicht, wie es sich anhört, denn zum einen ist es sehr kalt, zum anderen muss ich abends erstmal den ganzen Tag gedanklich verarbeiten.
An den Wochenenden erkunde ich mit ein paar anderen Ehrenamtlichen die Schönheit Äthiopiens. Ich habe ja schon viele afrikanische Länder bereist und erlebt und jedes einzelne Land ist einzigartig und wunderbar – und gerade Äthiopien ist sehr besonders. Ich bin unendlich dankbar für diese wertvolle Erfahrung, die ich niemals vergessen werde – so wie ich mich immer an jedes einzelne Kind erinnern werde.“
Noch in diesem Jahr wird es wieder soweit sein und Alfred Brendler kann endlich über den Marktplatz in Mekerie spazieren, mit den Kindern der Dorfbewohner fangen spielen und als Gast bei Mary und ihrer Familie leben. Sie hat er sofort ins Herz geschlossen, als er 2009 das erste Mal in Äthiopien war. Damals installierte er im Rahmen der Entwicklungshilfe eine Photovoltaik-Anlage, ein Jahr später reiste er zusammen mit dem HAMBURGER*MIT HERZ-Vorstand Gorden Isler nach Mekerie. Ganze 17 Mal war der 58-jährige Bayer bisher in dem kleinen Dorf in der Amhara-Region, kennt Sitten und Bräuche der Einwohner und genießt immer wieder die Tage am anderen Ende der Welt.
„Natürlich findet dort ein ganz anderes Leben statt. Es gibt kein Leitungswasser, man kann sich nur mit Brunnenwasser waschen, es gibt keinen Strom, keinen Handyempfang. Und man schläft auf einer Matte mit richtig vielen Flöhen, das ist für manche sehr, sehr bitter. Für mich nicht, weil ich offensichtlich flohresistent bin“, erzählt Alfred Brendler und schmunzelt.
Besonders berührt ist der Berufsschullehrer von den Kindern des Dorfes. Zur Begrüßung singen an die 80 von ihnen auf dem Dorfplatz für ihn ein Ständchen. „Mittlerweile kennen sie mich ja und sie lieben es, wenn ich mit ihnen spiele. Das ist für sie das Highlight, wenn ich dann so tue, als würde ich sie fangen: Unser gemeinsames Ritual.“
Jede Woche findet auf dem Dorfplatz von Mekerie ein Wochenmarkt statt, zu dem die Bauern aus der Umgebung mit ihren Waren kommen, mit Schafen, Hühnern oder Getreide, Eiern und speziellen Chilischoten, um sie zu tauschen oder zu verkaufen. „Das ist immer eine riesige Sache“, erklärt Alfred Brendler, „denn sie kennen dort natürlich keine Weißen und sind total überrascht, wenn dann ein großer, weißer Mann über den Markt schlendert.“
Er mag und schätzt die Rituale des Dorfes, die er während seiner zahlreichen Besuche vor Ort kennenlernen durfte. Besonders das Dorf-Komitee beeindruckt ihn. Ähnlich einem Gemeinderat werden hier alle Belange des Dorfes besprochen. Wenn über etwas entschieden werden muss, zum Beispiel eine neue Wasserleitung, werden die zuständigen Mitglieder zusammengetrommelt und es wird so lange diskutiert, bis eine Lösung gefunden ist. „Das ist auch manchmal etwas kompliziert, weil sie sehr lang miteinander diskutieren. Damit keiner sein Gesicht verliert, wird nämlich immer ein Kompromiss gesucht. Das dauert natürlich, aber das Ganze ist sehr demokratisch. Und für uns ist ja wichtig, dass die Leute vor Ort selbst entscheiden und wir ihnen nicht irgendetwas aufdrücken.“
In all den Jahren, die Alfred Brendler nun schon regelmäßig nach Äthiopien reist, um die Menschen vor Ort ganz praktisch zum Beispiel bei der Wasserversorgung oder mit Solarlampen zu unterstützen, durfte er auch einige der religiösen Traditionen der Äthiopier kennenlernen. Die Meisten sind sehr gläubig und halten streng jeden der 52 Feiertage im Jahr ein. Besonders die 40-tägige Fastenzeit wird strikt befolgt. „Ich war ja öfters an Ostern dort und dann wird man richtig ausstaffiert“, erinnert sich Brendler. „Die Hausherrin bereitet weiße Tücher für uns vor, die wie ein Gewand um uns herumgeschlungen werden, und wir gehen alle zusammen in der Osternacht in die Kirche. Dort wird gesungen – von abends um 19 Uhr bis zum Sonnenaufgang. Nach Ostern wird das Lamm Gottes geschlachtet. Es wurde zuvor auf dem Markt gekauft, dann geschlachtet und schließlich mit der Familie und den Gästen gegessen. Das ist dort das große Oster-Ritual.“
In diesem Jahr plant Alfred Brendler wieder eine lange Reise nach Mekerie. Mal sehen, welche Geschichten und Anekdoten er diesmal von dort mitbringen wird.
Es gibt was Neues von unserem Mentoring-Projekt: Ab sofort ist bei uns jeden Mittwoch „MenteeMittwoch“. Dann gibt es jeweils ein aktuelles Video, in dem wir Menschen vorstellen, die sich eine Mentorenschaft wünschen, Menschen, die in dem Projekt mitarbeiten und mehr. Unsere aktuellen Videos finden Sie hier (unser Youtube-Kanal) und auf unserer Facebook-Seite.
Noch Fragen, Anregungen? Interesse, einen Neu-Hamburger zu begleiten? Dann melden Sie sich gern bei unseren Koordinatoren. Oder kommen Sie einfach vorbei:
Jeden Mittwoch bieten wir von 16 bis 18 Uhr eine „Mentoring-Sprechstunde“ an.
Oder schauen Sie zu den Öffnungszeiten der „Herzkammer“ vorbei:
Mo-Mi: 14 bis 19 Uhr
Fr. 9-13 Uhr
Hier ist das Auftakt-Video:
Wer ist Joanna?
Joanna Abram ist 33 Jahre alt und kommt gebürtig aus Polen. Nach ihrem BWL-Studium hat sie ihren ersten Job in Hamburg angenommen. Seit mittlerweile neun Jahren arbeitet sie als Unternehmensberaterin und kümmert sich um die Effizienzsteigerung in Großkonzernen und bei Mittelständlern. Diese Fähigkeit bringt sie auch bei HAMBURGER*MIT HERZ e.V. ein und sorgt hier für klare Strukturen. Ihre größte Leidenschaft sind Reisen. Ihr heimliches Ziel: einmal alle Länder dieser Welt bereist zu haben.
Wie ist Joanna zu HAMBURER*MIT HERZ e.V. gekommen?
Joanna war seit längerer Zeit auf der Suche nach einer Hilfsorganisation, bei der sie selbst mit anpacken konnte. Geprägt durch ihre zahlreichen Reisen entstand der Wunsch, etwas zu bewirken und Menschen dabei zu unterstützen, sich selbst zu helfen. Eine Reihe von Zufällen und ein bisschen Glück haben sie 2014 zu unserem Vorstand Gorden Isler geführt. Schnell war klar, dass HAMBURGER*MIT HERZ e.V. genau das ist, wonach Joanna schon so lange gesucht hatte. Sie ist dem Verein beigetreten, hat die Patenschaft des kleinen Jungen Johannis aus Mekerie übernommen – und ist geblieben.
Was sind Joannas Aufgaben im Verein?
Joanna ist seit 2017 Vorsitzende von HAMBURGER*MIT HERZ e.V. in Doppelspitze mit Gorden Isler. In ihrer Vorstandsfunktion verantwortet sie das Entwicklungsprojekt in Mekerie in Äthiopien. Ziel des Projektes ist, dass jedes Kind vor Ort zur Schule gehen kann und dadurch die Chance auf eine bessere Zukunft geboten bekommt. Deshalb ist die Vermittlung von Paten aus Deutschland ein zentraler Kernpunkt von Joannas Arbeit.
Warum die kurzfristige Reise nach Äthiopien im August?
Doch die Chance auf Bildung reicht nicht, wenn die Gesundheit nicht mitmacht. In Äthiopien gibt es keine allgemeine, für alle zugängliche Krankenversicherung. Viele Äthiopier können sich dadurch nicht die medizinische Behandlung leisten, die hier in Deutschland für jeden so selbstverständlich ist. Dazu kommen schlechte Hygienebedingungen vor Ort, die wiederum Krankheiten verursachen, die bei uns seit Jahrzeiten nicht mehr auftreten.
Unser Schützling Bamlaku leidet an einer degressiven Augenerkrankung und wird ohne Behandlung irgendwann/bald erblinden. In Äthiopien würde ihm damit das Leben eines Bettlers bevorstehen. Auch Messay, ein Mädchen mit Schilddrüsenüberfunktion, benötigt dringend eine Operation. Beide Kinder haben wir auf ihrem Ausbildungsweg begleitet und möchten sie jetzt auch bei ihrer Genesung unterstützen. Denn manchmal ist eine Ausbildung eben nicht alles.
Da sich der Zustand von Bamlaku deutlich verschlechtert und Messay nach zwei Jahren Medikamenteneinnahme endlich operiert werden darf, hat HAMBURGER*MIT HERZ e.V. entschieden, Bahar Dar in Äthiopien zu reisen, um beiden Kindern die notwendige medizinische Betreuung zu ermöglichen.
Was sind die nächsten Schritte in Mekerie?
Das Projekt befindet sich derzeit in einer Umstrukturierungsphase und soll noch nachhaltiger
wirken. Dabei ist Hilfe zur Selbsthilfe ein zentrales Element. Diese ist nur möglich, wenn wir als Verein die Starthilfe geben und die Menschen vor Ort dann darauf aufbauen können, damit HAMBURGER*MIT HERZ e.V. seine Hilfe bei anderen Bedürftigen fortsetzen kann. Vielleicht möchten Sie sich engagieren und an unserem Workshop im September teilnehmen? (Mehr steht noch nicht) Dort besprechen wir die Weiterentwicklung des Projektes und unsere Ideen und Vorschläge. Wir freuen uns auf Sie!
Aufgezeichnet von Meike Krämer
Peter Bankowski, 62, lebt seit über 30 Jahren in Hamburg. Der gebürtige Niedersachse ist Osteopath mit eigener Praxis in der Hansestadt. Seit drei Jahren ist er Pate des äthiopischen Jungen Armani aus Mekerie. Hier ist seine Geschichte.
„Ein Freund von mir wurde 2014 gefragt, ob er über die nächste Reise des Vereins nach Äthiopien einen Film machen könnte. Ich war bei der Besprechung dabei und habe ganz spontan gesagt, dass ich wahnsinnig gerne mitfahren würde. Mich hat sehr interessiert, was vor Ort gemacht und wie genau geholfen wird. Und so haben wir es gemacht. Das war quasi eine Reise ins Mittelalter, so ursprünglich habe ich mir Äthiopien fast nicht vorgestellt. Die Reise war ein wirkliches Abenteuer und mir ist bewusst geworden, wie schwer es ist, das Richtige zu tun.
Man überweist ja schnell mal Geld für die Afrikahilfe, meistens werden davon Brunnen gebaut. Aber viele Brunnen zu bauen, ist oft nicht das Entscheidende. Manchmal graben sie sich nämlich gegenseitig das Wasser ab. Das Tolle bei HAMBURGER*MIT HERZ ist, dass die Menschen vor Ort in solche Problemlösungen mit einbezogen werden. Sie werden nach ihrer Meinung gefragt und entscheiden mit – und man stülpt ihnen nicht einfach von außen etwas über. Das war für mich ganz entscheidend.
Das Allerwichtigste aber war: Wenn man helfen will, dann muss man bei den Kindern anfangen. Damit, ihnen Bildung zu geben, sodass sie aus sich heraus etwas an ihrer Situation ändern können. Ich glaube, das ist die einzige Chance, die sie haben. Und andererseits habe ich gedacht: Hoffentlich werden nicht zu schnell Bedürfnisse geweckt, die wir aus unserem Leben kennen, wo so viel Geld für dummes Zeug ausgegeben wird. Ein paar Stunden entfernt von Mekerie sind beispielsweise Orte, die Strom haben. Da ist das Leben ganz anders, es läuft zum Beispiel den ganzen Tag der Fernseher – das gibt es in Mekerie nicht.
Mir wurde dadurch klar, dass jeder Akt der Hilfe Dinge mit sich bringt, die man hinterfragen sollte. Hilfe zur Selbsthilfe ist dabei eins der schwierigsten Themen überhaupt: Was brauchen die Kinder wirklich, um glücklich zu sein? Klar ist, sie sollten nicht hungern! Und sie müssen, wenn sie erwachsen sind, Chancen bekommen, Aussicht auf Arbeit haben.
Dass ich auf dieser Reise Pate eines Kindes werden würde, war nicht geplant. Aber es gab einen Junge, der mich, ich weiß nicht warum, ins Herz geschlossen hat. Er war immer an meiner Seite und versuchte, meine Hand zu nehmen – ganz süß. Er war das schmutzigste Kind von allen, seine Hose hatte die meisten Löcher, seine Nase lief ständig, aber er hatte ein sehr süßes Lächeln. Ich bin dann häufiger mit ihm zu einer Wasserpumpe gelaufen und habe ihm gezeigt, wie man sich wäscht. Ich glaube, das fand er toll.
Dann sind wir irgendwann zum Schneider gegangen. Auch das ist wichtig, dass man nichts aus Deutschland mitbringt, was es auch in Mekerie gibt. Möglichst vor Ort kaufen, damit die Menschen selbst etwas produzieren oder verkaufen können. Ich habe ihm also eine neue Schuluniform gekauft und da standen plötzlich 30 weitere Kinder (lacht). Ich habe dann für alle Kinder, die barfuß liefen, Schuhe gekauft. Die Eltern haben das Geld dafür nicht, aber für jemanden, der aus Deutschland kommt, kostet das fast nichts. Das war keine große Sache, insbesondere verglichen damit, dass andere eine Schule in Mekerie aufgebaut haben und andere großartige Dinge vor Ort geleistet haben.
Aber mir war nach der Reise klar: Es ist ein tolles Gefühl, mit für uns so wenig Geld einem Kind die Schulbildung zu ermöglichen. Aus diesem Gefühl heraus ist dann auch die Patenschaft mit meinem Patenkind Armani entstanden. Seitdem schreiben wir uns etwa ein- bis zweimal im Jahr Briefe und ich unterstütze ihn jeden Monat finanziell. Bei HAMBURGER*MIT HERZ weiß ich durch meine Reise genau, dass alle mit unheimlich großem Engagement dabei sind und die Spenden direkt in Mekerie ankommen.“
„So einfach kann man seine Zeit spenden“
In einem Hamburger Supermarkt in Sasel hängt ein Acrylkasten – wie in vielen anderen Supermärkten auch. Hier kann jeder, der möchte, seine Leergut-Bons für einen guten Zweck spenden. Nach Absprache mit der Supermarktleitung macht sich Susanne Wockenfuß (66, Rentnerin) seit eineinhalb Jahren einmal im Monat auf den Weg, um diesen Kasten zu leeren und die Bons in Spenden für HAMBURGER*MIT HERZ e.V. zu verwandeln.
Frau Wockenfuß, woher kam die Idee, den Leergutkasten für uns zu leeren?
Eines Tages war die Schatzmeisterin Ihres Vereins, Beate Ngee, bei mir zuhause und wir unterhielten uns unter anderem über HAMBURGER*MIT HERZ. Sie erzählte mir, dass der Verein in diesem Bereich noch Unterstützung braucht und da habe ich gar nicht lang nachgedacht. Kurz zuvor war mein Mann gestorben und ich brauchte Beschäftigung. Außerdem fand ich die Projekte des Vereins schon immer sehr unterstützenswert und ich freute mich sofort auf meine neue Aufgabe.
Wie verwandeln Sie die Bons in eine Spende für HAMBURGER*MIT HERZ?
Da muss ich ordentlich angeln, denn der Leergutkasten ist ziemlich weit oben angebracht. „Lieber Gott“, denke ich jedes Mal, „warum hast du mir die fehlenden 5 cm Körpergröße nicht gegeben?“ (lacht). Ich bin klein und versuche, auf Zehenspitzen an den Kasten zu kommen. An der Kasse werden die Bons dann eingescannt. Tja, und dann bekomme ich die Ausbeute. Letzten Monat waren es 180,54€, das war Rekord bis jetzt. Ich erhalte das Geld in bar und überweise den Betrag dann gleich an HAMBURGER*MIT HERZ.
Was sagen Ihr Umfeld und Ihre Familie denn dazu?
Sie finden das gut. Ich freue mich, dass ich das tun kann. So tut man wenigstens etwas.
Dann bleiben Sie uns trotz der fehlenden 5 cm erhalten?
Ich sehe das total sportlich und wenn ich ehrlich bin, wünschte ich, es gäbe noch mehr Kästen in meiner Nähe. Wenn ich mal in einem Supermarkt bin, in dem kein solcher Kasten hängt, frage ich schon auch mal nach. Sowas braucht doch jeder Supermarkt!
Martina Lammers wird HAMBURGER*MIT HERZ ,
Martina Hammers aus Lüchow entscheidet sich, ihre farbenfrohen Stillleben von Blumen für einen guten Zweck zu verkaufen. Deshalb spendet Sie sämtliche einnahmen an die Seenotrettungshilfe von HAMBURGER*MIT HERZ e.V.
Aufgezeichnet von Meike Krämer
Sebastian Wierling ist Notfallsanitäter und lebt in Hamburg. Vergangenes Jahr wurde er durch einen Kollegen auf die Arbeit des Seenotrettungsschiffes „Minden“ aufmerksam. Gerade befindet er sich wieder an Bord des LifeBoats auf seiner Rettungsmission vor der libyschen Küste. Der 34-Jährige hatte beruflich immer mal wieder in Erstaufnahme-Einrichtungen für Flüchtlinge zu tun und begann, sich für die Hintergründe der Geflüchteten zu interessieren: Woher kommen die Menschen? Wie sind sie in Hamburg gelandet? Und aus welchen Gründen? Dies ist seine Geschichte.
„Das erste Mal war ich Anfang November 2016 während meiner Urlaubszeit auf dem LifeBoat. Ich komme aus der Krankenpflege und bin im Rettungsdienst tätig, habe also schon viel erlebt und mit Menschen in Notsituationen zu tun gehabt. Auf der „Minden“ war das aber etwas ganz Anderes. Die Geflüchteten sind auf Booten eingequetscht mit 120-130 anderen Personen. Die Menschen haben keine Ahnung vom Meer, wissen nicht, was Seegang ist, können nicht schwimmen und haben keine Ahnung, wie weit es bis zur europäischen Küste ist. Sie haben eine lange Flucht hinter sich und werden dann aufs Meer geschickt. Man merkt diesen Leuten einfach an, dass sie durch sind. Sie sind psychisch und physisch am Ende, müssen dann noch ohne Vorräte und Trinkwasser über das Meer und sind mitten in dieser Weite, wo nichts ist. Sie sind fertig mit der Welt, wenn man sie an Bord nimmt. Viele sind krank, erschöpft oder haben alte Wunden, die sich entzündet haben, leiden unter Infekten, die sie nicht auskurieren können. Es sind aber auch noch ganz andere Verletzungen dabei, durch das Salzwasser, die Sonne, das Benzin und Verbrennungen durch die ständige Reibung am Boot. Irgendwann macht das der Kreislauf auch nicht mehr mit.
Da war ein Vater mit seinen zwei Kindern. Er war gar nicht mehr in der Lage, sich um die beiden zu kümmern. Er brauchte erst mal seine Zeit an Bord, um zu realisieren, dass er überlebt hat, dass seine Kinder überlebt haben, die Frau leider nicht. Auch Mütter, die neben ihrem bewusstlosen Kind sitzen, total zusammengesunken. Da ist kein Körperkontakt, man merkt einfach, dass sie auf Distanz gegangen sind. Sie haben abgeschlossen und den Gedanken akzeptiert, dass sie das nicht überleben werden. Sie haben sich psychisch distanziert und brauchen lange, bis sie sich wieder um ihre Kinder kümmern können. Auf der anderen Seite habe ich aber auch viel Menschlichkeit erlebt, weil sich beispielsweise die Männer darum kümmern, dass Frauen und Kinder zuerst an Bord des sicheren Schiffes kommen, dass Frauen sich um fremde Kinder gekümmert haben, die allein auf dem Boot waren. Sie haben diese Kinder in den Arm genommen und getröstet.
Die Menschen, die wir retten, sind sehr dankbar. Etwas, das ich hier in Deutschland im Rettungsdienst oft vermisse. Hier wird so etwas für selbstverständlich genommen, als Dienstleistung, die jedem zusteht. Aber dort rechnen die Menschen nicht damit, dass ihnen jemand hilft. Das hat mich schon auch gepackt.
Ich bin kein politischer Typ, absolut nicht. Ich habe zwar meine Meinung, aber das ist nichts für mich, dieses ganze politische Gequatsche und dieses Geschacher. Das sind Menschen in Not! Kein Mensch muss auf dem Meer sterben, keiner muss ertrinken, verhungern oder verdursten. Jeder Mensch soll leben und jeder Mensch soll seine Chance kriegen – und nicht aufgrund irgendeines komischen Wirrwarrs, wegen eines Krieges oder irgendwelcher politischen Entscheidungen, auf Wege gebracht werden, auf denen er stirbt. Das treibt mich an. In Deutschland lebe ich in einem vergleichbaren Luxus. Wir haben hier eine sichere Struktur und dort sind Leute in Not, also nehme ich ein bisschen von meinem Luxus, meinen Urlaub, und gehe da runter und helfe, damit jeder seine Chance kriegt und sein Leben weiter gestalten kann.“